Autonomes Fahren

Praktisch alle Automobilhersteller, aber auch branchenfremde Grossunternehmen sehen in selbstfahrenden Autos das grosse Geschäft der Zukunft und forcieren die Entwicklung.

Führend bei diesem Entwicklungsboom ist die US-amerikanische Firma Waymo, die seit Ende 2017 die ersten vollkommen autonom fahrenden Autos ohne Sicherheitsfahrer am Steuer in der Nähe von Phoenix in Arizona testet. Die Firma arbeitet nicht nur im Auftrag von Google. Sie ist mit vielen Unternehmen, unter anderem aus China und Deutschland, vernetzt. Zweifelsfrei wird dieses Unternehmen den Massstab für den zukünftigen Weltmarkt setzen.

Schätzungen zufolge werden erst nach 2040 die Angebote an völlig autonom von Tür zu Tür fahrenden Fahrzeugen vorliegen. Im Jahre 2050 sollen diese dann auf über 60 Prozent ansteigen. Noch bis weit ins 21. Jahrhundert hinaus werden den Prognosen der Entwickler zufolge ganz normale Fahrzeuge neben vollautomatisierten unterwegs sein. Erfreulich dabei ist, dass bis dahin leistungsfähigere Assistenzsysteme zu weniger Verletzten und Toten im Strassenverkehr führen.

Die fünf Stufen des automatischen Fahrens

Die Society of Automotive Engineers (SAE) definierte diese Begriffe für diejenigen Kraftfahrzeuge im Strassenverkehr, die über Systeme zum automatisierten Fahren verfügen.


Stufe 1: Assistiertes Fahren
Der Fahrer beherrscht ständig sein Fahrzeug. Der Fahrer muss den Verkehr ständig im Blick behalten. Für Verkehrsverstösse und Schäden haftet der Fahrer. Einzelne Assistenzsysteme unterstützen bei bestimmten Fahraufgaben.


Stufe 2: Teilautomatisches Fahren
Der Fahrer beherrscht ständig sein Fahrzeug. Der Fahrer muss den Verkehr ständig im Blick behalten. Der Fahrer haftet für Verkehrsverstösse und Schäden. Unter definierten Bedingungen hält das Fahrzeug die Spur, bremst und beschleunigt.


Stufe 3: Weitgehend automatisiertes Fahren
Der Fahrer darf sich vorübergehend von Fahraufgabe und Verkehr abwenden. In vom Hersteller vorgegebenen Anwendungsfällen fährt der PKW selbstständig. Der Fahrer muss auf Anforderung durch das System kurzfristig übernehmen.


Stufe 4: Vollautomatisiertes Fahren
Der Fahrer kann die Fahrzeugführung komplett abgeben und wird zum Passagier. Das Fahrzeug bewältigt Fahrten auf bestimmten Strecken (z.B. Autobahn, Parkhaus) völlig selbstständig. Die Passagiere dürfen schlafen, ihr Smartphone verwenden oder Zeitung lesen. Das System erkennt seine Grenzen so rechtzeitig, dass es regelkonform einen sicheren Zustand erreichen kann. Die Passagiere haften während der vollautomatisierten Fahrt nicht für Verkehrsverstösse oder Schäden.


Stufe 5: Autonomes Fahren
Kein Passagiere hat die Fahraufgabe. Fahrten ohne Insassen sind möglich. Die Technik im Auto bewältigt alle Verkehrssituationen.

 

Die Technik, die hinter dem automatischen Fahren steckt, sind hochauflösende Sensoren, die die Umgebung des Fahrzeuges abscannen und dabei die Details rund um das Fahrzeug elektronisch erfassen. Basis für die meisten Systeme ist die Lidar-Sensorik. Das System von Tesla setzt dagegen auf Kameras. Sie nehmen den Umkreis des Autos wahr und kalkulieren das erforderliche Fahrverhalten.

Die Herausforderungen der Ingenieure sind:

  • grosse Datenmengen müssen in Sekundenbruchteilen zuverlässig verarbeitet werden
  • alle, das Verkehrsgeschehen beeinflussende Objekte sowie deren Verhalten müssen fehlerfrei erfasst werden
  • die aus einem grösseren Umkreis auf einen Kreuzungspunkt sich zu bewegenden Verkehrsteilnehmer müssen erfasst, deren Absichten in zweckdienliche Prioritäten gesetzt und auf dem kürzesten Weg durch das Verkehrsdickicht geleitet werden

 

Aus letzterem geht hervor, dass die Fahrzeuge untereinander oder über eine zentrale Leitstelle miteinander kommunizieren müssen. Zieht man, neben der Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit dieser Netze, die Forderung nach Datenschutz und Sicherheit vor kriminellen Handlungen mit ein, wird ersichtlich, dass die IT-Anforderungen beim autonomen Fahren weit über das hinaus gehen, was gegenwärtig bekannt ist. Entsprechend sind die Spezialisten auf der Suche nach zukünftig, international anwendbaren Lösungen.

 

Grösste Knacknuss auf der Suche nach geeigneten Konzepten sind „einmalige Ereignisse“, die unter vergleichbaren Bedingungen in der Vergangenheit noch nie vorgekommen sind. Beispielsweise das Herunterfallen eines Holzbalkens von einem LKW. Wo und wie ein solcher Gegenstand letztendlich über die Fahrbahn geschleudert wird, lässt sich in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit nicht berechnen. Weder künstliche Intelligenz noch selbstlernende Programme, die auf Datenmengen früherer Vorkommnisse zurückgreifen, sind brauchbar. Die Automatik versagt in dieser Situation und führt gefährlichere Manöver aus, bisherige schwere Unfälle zeigen das, als es eine Person am Steuer tun würde. Damit wird verständlich, autonomes Fahren wird in vielen Fällen menschliches Versagen im Strassenverkehr ausmerzen. Eine hundertprozentige Sicherheit wird es aber nie geben.

 

Man mag geneigt sein, beim Auto den gleich grossen Sicherheitsstandard zu erwarten, wie beim Flugverkehr. Flugzeuge bewegen sich indes auf klar definierte Flugstrecken, bei denen Mindestabstände zu anderen Maschinen bestehen, damit in Ausnahmesituationen die Piloten eingreifen können. Auch hier lebt man mit der Erkenntnis, dass noch nie dagewesene Ereignisse sich mit Software-Prozeduren nicht beherrschen lassen.

 

Dass, gemäss Studien, automatisch fahrende Taxen viele Menschen dazu bringen werden, auf ein privates Fahrzeug zu verzichten, erscheint wenig glaubwürdig. Statussymbole besitzen, sich jederzeit frei und unabhängig bewegen können und sich in ein Fahrzeug setzen, dessen Ausstaffierung den persönlichen Wünschen entspricht, sind Begierden, die sich mit autonomen Fahren nicht ersetzen lassen. Für Menschen, die ihr Leben mehrheitlich in dicht besiedelten Städten verbringen, mögen automatische Taxen durchaus attraktive Angebote sein, insbesondere dann, wenn die Stadtväter alles daran setzen, die Privatfahrzeuge aus den Städten zu verbannen.

Häufig wird von Lobbyisten ein positiver Einfluss auf die Umwelt propagiert. Massgebend für die Umweltbelastung sind Verkehrsmenge und verwendete Antriebs- und Energietechnik. Automatisiertes Fahren leistet bei diesen Aspekten keinen nennenswerten Beitrag zum Umweltschutz. Im Gegenteil. Die effizienter werdende Verkehrsabwicklung lässt den Individualverkehr anwachsen und verursacht bei Verbrenner-Fahrzeugen höhere Umweltbelastungen.


Unfälle im Strassenverkehr erfordern die Klärung der Schuldfrage. Die Frage, wer für den Schaden aufkommt, muss auch bei Unfällen mit autonom fahrenden Fahrzeugen beantwortet werden. Es zeichnet sich ab, dass Versicherung auch dann bezahlen, wenn nicht mehr der Mensch, sondern die Maschine steuert. Fordert das System Sie als Fahrer auf, einzugreifen und passiert in der Folge ein Unfall, werden Sie sich jedoch der Schuldfrage stellen müssen. Wurde der Unfall durch die Technik herbeigeführt, nehmen die Versicherungen gegebenenfalls Regress beim Hersteller.

 

Bringt autonomes Fahren der Weltbevölkerung oder zumindest den Menschen in den Industriestaaten einen Mehrwert?

Hightech hat seinen Preis. Verkehrswege müssen - mit Steuergeldern - den Bedürfnissen des autonomen Fahrens angepasst und mit Signalerfassung und -übertragungseinrichtungen (beispielsweise G5) ausgestattet werden. Gesamthaft wird der private Autoverkehr luxuriöser und teurer. Beim automatischen Fahren fallen im Auto pro Minute fünf Gigabyte Daten zur Verarbeitung an, eine Rechenleistung, die ungefähr derjenigen von 15 Laptops entspricht. Hinzu kommt eine Vielzahl von Sensoren. Unbestritten werden viele Personen mit der Entwicklung, der Produktion, später mit dem Betrieb und schlussendlich mit der Entsorgung von Unmengen von Sensoren, Fahrzeugelektronik, Übertragungstechnik, Rechen- und Speicherzentren, beschäftigt sein. Rechtfertigt die Schaffung dieser Arbeitsplätze den weiter steigenden Abbau wertvoller Rohstoffe und den steigenden Energiebedarf? Stellen wir Aufwand und Nutzen einander gegenüber, stellen wir fest, dass das automatisch sich von A nach B befördern lassen, bei einem grossen Teil der Bevölkerung keinen Nutzen bringt. Von A nach B reisen geschieht bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Reisenden schon heute vollautomatisch und in der Regel schneller. Erwünschte Verbesserungen im Nahverkehr erfordern bessere Verkehrswege, komfortablere Transportmittel und grössere Transportkapazitäten. Dazu trägt die Computertechnik für automatisches Fahren in keiner Weise bei.

Das autonome Fahren dürfte zum Triumphzug der Techniklobbyisten werden. Eine Verbesserung des allgemeinen Wohlstandes lässt sich nicht ableiten. Insbesondere wird ein weiterer Bevölkerungsanteil den Preis für den luxuriösen, Individualverkehr nicht bezahlen können und der Spaltung von Arm und Reich wird ein weiteres Kapitel hinzugefügt.

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