Im Jahre 1972 wurde die NAGRA (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) mit dem Auftrag gegründet, eine Lösung für die Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Schweiz zu suchen.

Seither wurden Konzepte erstellt, mögliche Standorte benannt und verworfen, Finanzierungspläne erstellt und wieder überarbeitet, Zuständigkeiten festgelegt und schlussendlich Zeitpläne entworfen, die keinen zielgerechten Handlungsbedarf erkennen lassen. Man hat den Zug ins Rollen gebracht, das Gewissen ist entlastet und irgendwann wird der rollende Zug schon ankommen. Die bisherigen Aktivitäten erwecken den Eindruck man arbeite nach dem Prinzip „das Problem wird sich schon irgendwann wundersam lösen“.

Vergleicht man die technologische Entwicklung seit 1972, ist es unfassbar, dass es eine gegenwärtig hundert Personen umfassende Organisation in einem Zeitraum von 45 Jahren nicht geschafft hat, abschließende Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten. Dies ist bis 2021 geplant. Für Bundesrat und Parlament sind anschließend acht bis zehn Jahre eingeräumt, um über das Bauvorhaben zu entscheiden. Weitere fünfzehn bis zwanzig Jahre sind für den Bau und die Einlagerung geplant. Gewiss, die Fragen sind komplex. Aber der Umgang mit Atom wurde im Rahmen der Atomkraftwerke schon vor 50 Jahren erforscht.

Es widerspricht der Sorgfaltspflicht, bei der Verwirklichung eines Endlagers den Rückbau der Atomkraftwerke abzuwarten. Der schon heute in Wohngegenden gelagerte und kaum nach klaren Regeln verwaltete Müll muss dringend einer höheren Sicherheit zugeführt werden. Wann und wo die nächsten Erdbeben stattfinden werden, kann niemand auf Jahre hinaus vorhersagen. Auch in der Schweiz wurden immer wieder Erdbeben registriert. Wir haben keine Gewähr, dass in den nächsten zehn, hundert oder tausend Jahren kein Krieg ausbricht, dass kein Mensch ausrastet und eine Katastrophe anrichtet – analog Flugzeuge in Hochhäuser und Berggipfel –, dass kein größerer Gesteinsbrocken auf die Erde fällt oder generell, dass die Menschheit in der gegenwärtigen Form noch existiert.

Dass die heutige Menschheit die Macht habe, das menschliche Leben nach den heutigen Vorstellungen auf alle Zeiten zu sichern, gehört ins Reich der Fantasien. Forschungsarbeiten mit dieser Zielsetzung sind daher nutzlos. Einem Endlager ist Genüge getan, wenn eine dem gegenwärtigen Wissensstand entsprechende Lösung vorliegt. Eine Praxis, wie sie bei den Atomkraftwerken selber, aber auch bei Flugzeugen angewendet wird.

Nach über 45 Jahren Forschung sind verschiedene Probleme ungelöst. Beispielsweise sind die Auswirkungen der Gas- und Wärmeentwicklung des strahlenden Materials auf Behälter, Messeinrichtungen und Gestein unbekannt. Die Klärung dieser Fragen kann Jahrzehnte dauern. Abzuwarten bis alle Fragen geklärt sind oder allfällige, bisher nicht gekannte Entsorgungsmöglichkeiten entdeckt werden, bedeutet, die Hände in den Schoss zu legen und den herumliegenden Atommüll dem Schicksal zu überlassen.

Um bei den noch vorhanden Unklarheiten alle Eventualitäten abzusichern, sind reversible Endlager zu schaffen die bei Bedarf entleert, rückgebaut und der Atommüll, nach den neu Erkenntnissen entsorgt werden kann.

Maximale Sicherheit könnte erzielt werden, wenn mindestens drei unabhängige Teams in einem Wettbewerbsverfahren, wie sie in der Privatwirtschaft bei Bauvorhaben üblich ist, Lösungen ausarbeiten würden. Die Beurteilung und allenfalls die Übernahme der jeweils besten Teillösungen durch ein wiederum unabhängiges Fachgremien würde ein Maximum an Sicherheit hervorbringen.

Wie das vor über 150 Jahren geschaffene, schweizerische, föderalistische System bei der Verwirklichung einer sicheren Atommüllentsorgung funktionieren soll, ist eine besondere Herausforderung, liegen doch jede Menge kantonale, regionale und kommunale Bauvorschriften, Zonenpläne, Bauordnungen, Umwelt- und Heimatschutzvorschriften, Wasserschutzvorschriften und Verkehrs Richtlinien vor, bei denen die Entscheidungshoheit nicht beim Bund liegt. Mit anderen Worten: Gegen einen Standortentscheid des Bundes können beliebig viele Einzelpersonen und Institutionen Einsprache erheben, die in einzelnen juristischen Verfahren behandelt werden müssen. Davon ausgehend, dass alle Sicherheit relevanten Aspekte durch die Fachleute in jahrelanger Arbeit geklärt und Einzelpersonen, Gruppierungen und politische Gremien kaum in der Lage sind die physikalischen Gegebenheiten zu beurteilen, bewirken derartige Verfahren lediglich Verzögerungen und Mehrkosten, keinesfalls aber eine Verbesserung der Sicherheit. Im Gegenteil. Durch die Verzögerungen wird die gegenwärtige, unsichere Lagerung der Atomabfälle länger aufrechterhalten.


Es liegt in der Hand des Parlaments ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das der Atommüllentsorgung, im Interesse der gesamten Bevölkerung, höchste rechtliche Priorität einräumt. Ein derartiges Gesetz muss die Mitentscheidungsrechte einzelner Personen und Institutionen zugunsten der Zukunftssicherung von Mensch, Tier und Natur einschränken.


Am 10. Juni 2018 konnte der Kanton Nidwalden mit einer Abstimmung, mit ca. 10.000 Stimmenden, erwirken, dass der möglicherweise sicherste Standort von der Liste der zu untersuchenden Standorte gestrichen werden musste. Derartige Verhinderungspraktiken schaden dem Gesamtinteresse und sind jetzt, bevor Vernehmlassungsverfahren beginnen, auszuschalten.

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