Vermietungsanzeige

Der freie Markt wird die allseits beanstandeten, hohen Mietzinse regulieren; so die Vertreter der Wirtschaft. Versprechen, die sich in er Theorie aber seit Jahrzehnten in der Praxis nicht bewahrheiten. Die Gründe liegen auf der Hand.

Während die Einwohnerzahl jährlich um durchschnittlich 3,6 % gewachsen ist, vermochte die Bautätigkeit mit dem steigenden Wohnraumbedarf nicht Schritt halten. Von den 4'538'000 Wohnungen in der Schweiz waren im Jahre 2019 gerade einmal 1,7 % leer. Zuwenig, als dass der Markt spielen könnte.


Hohe Nachfrage, bei zu kleinem Angebot, treiben die Mietzinsen in die Höhe. Ein generelles Problem kann beim Wohnungsmarkt jedoch, bedingt durch unterschiedlichen Verhältnisse bezüglich Grundstückpreise, Bevölkerungswachstum, Lohnniveau, regionales Wirtschaftswachstum, Wohnkomfort und Wohnlage, nicht festgestellt werden. Notlagen bestehen, bedingt durch die starke Zuwanderung, die hohen Grundstückpreise und den wachsenden Bedarf an Wohnungen für Einpersonen-Haushalte, in den Städten. Dort ist, für die unteren Einkommensschichten, der Wohnungsmarkt völlig ausgetrocknet. Unwürdige Wohnverhältnisse oder der Wegzug aus der Stadt mit einem Anwachsen der Pendlerströme sind die Konsequenzen.


Durch die weiterhin steigende Einwohnerzahl wird der freie Markt in absehbare Zeit für preisgünstige Wohnungen keine Lösung bringen. In welchem Umfang Mietwohnungen erstellt werden, wird nicht durch den Wohnungsbedarf, sondern durch den Kapitalmarkt bestimmt. Gebaut wird was langfristig gesicherte, hohe Kapitalerträge abwirft. Da gehören „bezahlbare Wohnungen“ in der Schweiz nicht dazu. Die grosse Nachfrage nach derartigen Wohnungen bleibt bei diesen Entscheidungen unbeachtet.


Immer mehr Einwohner, die steigenden Sozialausgaben belegen das, verfügen über ein zu geringes Einkommen, um neben den Krankenkassenprämien, die vom den Investoren geforderten Kapitalzinse zu bezahlen. Die Konsequenz, das Kapital weicht in Investitionsmöglichkeiten aus, bei denen hohen Zinse gesichert sind. Beispielsweise ins Hochpreissegment oder in lukrative, ausländische Wohnungsmärkte. Bezahlbarer Wohnraum bleibt auf der Strecke. Die Nachfrage nach preisgünstigen Wohnungen mag noch so gross sein, die Bautätigkeit für „bezahlbaren Wohnraum“ wird nicht ansteigen, weil die damit zu erzielenden Erträge den Kapitalmarkt nicht befriedigen. Spielen würde der freie Wohnungsmarkt, wenn die niederen Arbeitseinkommen den Zinsforderungen der globalen Finanzwelt angemessen wären. Da auf der Lohnseite kaum zielführende Korrekturen zu erwarten sind, muss neuer Wohnraum für die unteren Einkommensverhältnisse auf andere Art und Weise geschaffen werden.

Als Lösungen bieten sich an:

  • der Staat erstellt oder finanziert Wohnbauten (sozialer Wohnungsbau, Stiftungen)
  • analog der Arbeitslosenversicherung werden zur Finanzierung von bezahlbarem Wohnraum Lohnabgaben erhoben
  • analog der Krankenkassen bezahlt der Staat Wohnzuschüsse
  • es wird ein genereller Mindestlohn eingeführt, der das Bezahlen eines ortsüblichen Mietzins mit maximal 30 % der Lohnsumme ermöglicht
  • erwirkt durch ein Grundeinkommen, werden die Mindestlöhne angehoben


Vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat den Investoren nicht vorschreiben kann, wo sie ihr Geld anlegen müssen, wird das Erstellen von ausreichend, zeitgemässem Wohnraum für die unteren Bevölkerungsschichten, entweder durch Lohnabgaben, vom Staat oder von der Wirtschaft finanziert werden müssen. Es sei denn, ein steigender Anteil von Arbeitslosen und Geringverdienenden werden in drittklassigen Sozialwohnungen untergebracht.


Regionale Unterschiede bei Mietpreisen und Einkommen sind bei obiger Auflistung nur teilweise berücksichtigt. Besser abstimmen lässt sich dieser Nachteil, wenn die Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden. Diese sollen bei der Anstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Wohnsituation des Bewerbers klären und bei Bedarf einvernehmlich eine ortsübliche Unterkunft in die Anstellung einbeziehen. Arbeits- und Wohnangebote richten sich dadurch in idealer Weise nach den regionalen Verhältnissen. Gleichzeitig entsteht für die Unternehmen ein Anreiz die Arbeitsplätze in eine Region mit günstigen Mietzinsen zu verlagern, was gleichzeitig eine Reduktion des Pendlerverkehrs bewirkt. Dieser Lösungsansatz mag allzu sehr zulasten der Unternehmen gehen. Diesem Argument ist entgegenzuhalten, dass bei den globalisierten Kapitalmärkten ausschliesslich die zu tiefen Arbeitslöhne, da für eine zeitgemässe Wohnung unzureichend, den Wohnungsbau im unteren Preissegment behindern. Zudem wird, auch wenn der Staat mit Steuergeldern eingreift, die Wirtschaft diese Sozialleistungen erschaffen müssen. Es sei denn, Politik und Gesellschaft nimmt einen Sozialabbau in Kauf.


Die Wohnungsproblematik ist bei der Bundesregierung seit Jahren ein Thema. Im Jahre 2008 hat sie mit dem Referenzzinssatz erfolglos versucht, den Wohnungsmarkt in geordnete Bahnen zu lenken. Unter dem Titel „Ausgewogene Revision der Regeln zur Mietzinsgestaltung bei Wohn- und Geschäftsräumen“ soll nun, angeregt durch eine Motion, eine Lösung gefunden werden. Man darf gespannt sein, ob der Bundesrat, im Einvernehmen mit der Wirtschaft, eine Lösung wählt, die allen Einwohner einen zeitgemässen Wohnraum sicherstellt oder ob der Notstand für eine steigende Anzahl von Einwohnern bestehen bleibt. Das käme einem Weckruf gleich, die schweizerische Wirtschaft könne den angestrebten sozialen Standard nicht gewährleisten.

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