Psychotherapie

Das Coronavirus bringt uns aus dem geschätzten Lebensrhythmus. Widersprüchliche Informationen, unverständliche Verhaltensregeln

und ein nicht absehbares Ende bewirken eine Hilflosigkeit. „Ich möchte mein altes Leben zurück“ ist ein häufiger Gedanke. Man möchte unbeschwert tun, wozu man Lust hat. Aber die Einschränkungen sind all gegenwärtig. In der jetzigen Situation immer gute Laune bewahren, zerrt an den Kräften.

Immer mehr Menschen weltweit leben mit Depressionen. Laut einer aktuellen Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) litten im Jahr 2015 schätzungsweise 322 Millionen Menschen unter depressiven Störungen. Das sind mehr als 4,4 Prozent der Weltbevölkerung und 18 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Mit zirka 5 Prozent liegt die Schweiz im Rahmen der WHO-Schätzung.

Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Freudlosigkeit und verminderter Antrieb sind die wichtigsten Anzeichen einer Depression. Zusätzlich können Schlafstörungen, Ängste, Selbstzweifel und Konzentrationsstörungen auftreten. Depressionen können sogar zu Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und gemäss Untersuchungen auch zu Krebs führen.

Die Behandlung psychischer Probleme ist in der Schweiz seit 1997 stetig angestiegen. Im Jahre 2018 betrugen die psychiatrischen Krankenversicherungskosten (Spitalpsychiatrie stationär und ambulant, sowie ambulante psychiatrische Praxen) 2 Milliarden Franken, entsprechend 6 % der Krankenkassen Aufwendungen. Der Anstieg dürfte nicht auf eine schlechter werdende Gesundheit zurückzuführen sein. Viel eher wurden psychische Leiden vermehrt öffentlich diskutiert und damit die Werbung und die Bereitschaft für eine Behandlung gefördert.

Coronabedingt leiden viele Menschen in diesen Tagen an Ängsten. Das nicht eingebunden sein in ein tragfähiges soziales Netzwerk schwächt bei vielen Menschen die psychische Stabilität. Die Finanzkrise von 2007 bewirkte - möglicherweise verstärkt durch das Verlassen des schützenden Elternhauses - bei den jungen Menschen erhebliche Ängste und Einsamkeitsgefühle.

 

 

Ein gleichartiger Anstieg der Ängste bewirkt nun auch die Corona-Pandemie. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 wiesen etwa 25 Prozent der Jugendlichen Symptome von Depressionen auf. Im Jahr vor der Pandemie waren es in dieser Altersgruppe lediglich zehn Prozent.

Dass nicht nur die Angst vor einer Ansteckung, sondern auch die Massnahmen im Kampf gegen die Pandemie die psychische Gesundheit beeinträchtigt, geht aus einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von Mai 2021 hervor. In einigen OECD-Ländern hat sich die Anzahl an Angststörungen und Depressionen im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie verdoppelt.

Wie sich die Corona-Pandemie psychisch auf die Bevölkerung auswirkt, will der Bundesamt erst Ende 2022 mit entsprechenden Statistiken publizieren. Eine Studie des BAG weist indes darauf hin, dass es im Corona-Jahr 2020 bei den Suiziden, als Indikator für die psychische Volksgesundheit, national nicht mehr Fälle gegeben hatte als in den Vorjahren. Gleichwohl haben National und Ständerat, auf Druck der Psychotherapie-Wirtschaft, den Ausbau der psychologischen Angebote zulasten der Krankenkassen beschlossen.

 

Fast jede und jeder fühlt sich gelegentlich traurig oder erschöpft. "Du brauchst professionelle Hilfe" – ist dann häufig der Ratschlag. Ob der Ratschlag zu beherzigen ist, erhärtet sich, wenn man:

  • sich ständig oder häufig niedergeschlagen, hilflos oder traurig fühlt.
  • häufig Angst hat, obwohl es dazu keinen offenkundigen Anlass gibt.
  • keinen Gefallen oder kein Interesse mehr an Beschäftigungen oder Dingen findet, die einem früher Freude bereitet haben.
  • oft Drogen, Alkohol, Schlaf- oder Beruhigungsmittel zu sich nimmt oder Schwierigkeiten hat, darauf zu verzichten.
  • Beschwerden verspürt, für die der Arzt keine Ursache findet.

Die beste Form einer Depression zu begegnen ist das Gespräch mit Angehörigen, Freunden, Nachbarn und sonstigen ganz „normalen“ Leuten. Erst, wenn das nicht fruchtet, entweder weil die psychische Störung ausgeprägt ist oder der Einzelne momentan in Einsamkeit lebt, kann die Psychotherapie helfen. Mit möglichst wenig Therapie, soll der „Seelenhunger“, in Form von sozialen Gesprächen im persönlichen Umfeld, wieder gestillt werden. Nicht die Therapiesitzungen als solche sollen guttun, sondern die Rückkehr in die persönliche Lebenswelt.

Viele Menschen mit psychischen Problemen zögern, eine Therapie zu beginnen. Sie haben Angst, als „verrückt“ blossgestellt zu werden oder glauben, dass nicht geholfen werden könne. Wenn sie allerdings den passenden Therapeuten gefunden haben, fällt es vielen oft schwer, die hilfreiche Therapie zu beenden.

Eine Psychotherapie zu beginnen, ist bei weitem nicht so einfach wie ein Besuch beim Hausarzt. Wer im Internet mit Angabe seines Wohnortes nach "Psychotherapie" sucht, erhält zwar meist eine Liste von Praxen in der Umgebung. Doch welche davon, abgestimmt auf die persönliche Sensibilität, die Richtige ist, lässt sich anhand der rudimentären Daten nicht feststellen. Gespräche mit dem Hausarzt, der zweckdienliche Vorgehensweisen skizzieren kann, ist in diesem Fall der bessere Weg - auch wenn es um die Kosten geht.

Die psychotherapeutische Behandlung einer Depression zielt unter anderem darauf ab, das Leben der Betroffenen aktiver zu gestalten und negative Denkmuster abzubauen. Als besonders wirkungsvoll bei Depressionen hat sich die Verhaltenstherapie erwiesen. Erfolgreich kann eine Therapie indes nur werden, wenn der Hilfesuchende bereit ist, sein Denken und Handeln zu durchleuchten und Änderungen vorzunehmen. Dabei steht das selbständige Erkennen von Ursachen und Entwickeln von Handlungen im Vordergrund. Als gescheitert gilt eine Therapie, wenn sich der Patient fortan nur in Gegenwart des Therapeuten wohlfühlt. Soll der Betroffene doch langfristig ein eigenständiges Leben führen.

Wie lange eine Verhaltenstherapie dauert, hängt unter anderem von der Art und Schwere der psychischen Störung ab. Spezifische Phobien (z.B. eine Spinnenphobie) lassen sich manchmal innerhalb weniger Sitzungen überwinden. Die Behandlung einer schweren Depression hingegen kann sich über mehrere Jahre erstrecken. In der Regel umfasst eine Verhaltenstherapie 25 bis 50 Sitzungen.

Um die gegenwärtigen und zukünftigen seelischen Belastungen zu meistern, kann die Anpassung der Lebensweise notwendig sein. Hilfreich sind in jedem Fall ein gutes soziales Netz und Aktivitäten in Form von Sport oder anderen Hobbys, die einem Spass machen. Liebe Menschen im persönlichen Umfeld, die zuhören und ein Gespräch auf Augenhöhe führen können, sind die besten Therapeuten. Sie sind da, wenn es etwas von der Seele zu reden gilt.

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