Landwirte Demo

Obwohl nicht nur die Landwirte, sondern auch die linken und rechten, französischen Parteien gegen das von der EU angestrebte Mercosur Abkommen opponieren, soll das Freihandelsabkommen

noch im laufenden Jahr abgeschlossen werden.

Über 20 % der Lebensmittel werden in Frankreich importiert, doppelt so viel wie vor 20 Jahren. Durch das neue Abkommen sollen aus den Ländern Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay Rinder, Schafe, Zucker, Ethanol günstiger importiert werden können. Während französische Produzenten, bedingt durch die höheren Produktionskosten, aus dem Markt gedrängt werden.


In Frankreich werden sehr wenige Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Die Landwirte stehen zu den Produktionsvorschriften und erachten den höheren Preis als angebracht. Sie wollen keinesfalls den bisher erreichten Fortschritt gegen die Antibiotikaresistenz unterlaufen. Sollte die EU der Meinung sein, die Antibiotikaresistenz sei von Bedeutung, gehören klare Bedingungen in die Handelsverträge. Das erarbeitete Qualitätsniveau dürfe nicht zugunsten billiger Produkte, die teilweise auch im Widerspruch zu Umweltbemühungen stehen, geopfert werden.


Anteil Importe am Gesamtverbrauch:
75 % des Weizens (nicht der Hartweizen, sondern Nudeln)
42 % Hühnerfleisch
40 % Butter
33 % Obst und Gemüse
21 % Rindfleisch.


2023 stiegen die Importe von Tomaten nach Frankreich um 20 %. Sie kommen hauptsächlich aus Spanien und Marokko. Wo sie bis zu 2,5-mal billiger produziert werden. Seit dem Freihandelsabkommen von 2012 zwischen Marokko und der EU kann Marokko bis zu 285 000 Tonnen Tomaten zollfrei in die EU importieren.


Aktuell wird eine Million Tonnen Hühnerbrust in die EU importiert. Das ist ein Viertel des Bedarfs. Die wichtigsten Lieferanten sind Brasilien, Ukraine gefolgt von Thailand. Die Produktion kostet im Schnitt halb so viel wie in Frankreich, weil die Produktionsbedingungen mit denjenigen in Europa nicht vergleichbar sind. Zum Beispiel sind in Brasilien - anders als in der EU - Antibiotika und Tiermehl erlaubt. Auch ist bekannt, dass der rigoros importierte, brasilianische Mais mit Pflanzenschutzmitteln produziert wird, die in Europa seit 30 Jahren verboten sind. Das gegenwärtige Abkommen enthält indes keine entsprechenden Auflagen. Freihandelsverträge haben stets zum Ziel, die früher zum Schutz der Bevölkerung errichteten Schutzschranken zu entfernen, um den Warenfluss einzelner Branchen auszuweiten.


Neben einer ganzen Reihe weiterer Erschwernisse haben die Landwirte für die Bürokratie aus Paris und Brüssel kein Verständnis. Die theoretischen Vorstellungen der Beamten, Politiker und Experten stehen in der Praxis oft im Widerspruch zur Umsetzbarkeit und zum angestrebten Zweck. Über die ganze Fläche der EU sind die Produktionsbedingungen derart unterschiedlich, dass eine Nutzen bringende, zentrale Verwaltung administrativ nicht machbar ist. Das dürfte auch der Grund für die laufenden „Renationalisierungs-Bemühungen“ der EU sein.


Viele inländische Branchen mussten aufgrund der Importe, ihre Produktion herunterfahren. Die Ernährungssouveränität wurde abgebaut. Die Erfahrungen mit dem Warenbezug aus Billigländer, wie sie bei Corona und bei den geopolitischen Veränderungen gemacht wurden, werden in den Wind geschlagen, obwohl die Nahrungsmittelproduktion, die Energieversorgung, die Wasserversorgung und die Gesundheitsversorgung für das Staatswesen von entscheidender Bedeutung und nur im eigenen Land kontrollierbar sind.


Die Idee der Freihandelsverträge ist, Produkte mit hoher, anspruchsvoller Wertschöpfung zu exportieren und solche, die mit vielen kostengünstigen Arbeitskräften produziert werden, zu importieren. Frankreich verspricht sich vom Mercosur Abkommen eine Ausweitung ihres Exports auf den Gebieten Wein, Spirituosen, Milchprodukte, Automobil, Luftfahrt, Waffen, Pharmazeutik und Chemie. Eigene Produktionen werden geopfert, damit andere Branchen ihre Aktivitäten ausweiten können. Diese Idee nutzbringend umzusetzen, ist allerdings äusserst komplex. Wie lassen sich einzelne Marktsegmente bezüglich ihres volkswirtschaftlichen Nutzens vergleichen? Beispielsweise Hühnerbrust mit Wein oder Heilmittel mit Militärfahrzeugen? Welche Produkte sind längerfristig von grösserer Bedeutung für die Volkswirtschaft? Nicht in jedem Land stehen genau jene Produkte zur Verfügung, von denen ein Bedarf besteht. Sofern es sich nicht um standortgebundene Produktionen handelt (Klima, Rohstoffe, Wasser) bestehen die Produktionsvorteile in der Regel nur wenige Jahre. Örtliche politische Entwicklungen beeinflussen die Marktentwicklung. Ebenso globale Ereignisse wie Naturkatastrophen, Pandemien, Wirtschafts- und Finanzkrisen. Nicht zuletzt haben Inflation und Kaufkraft entscheidenden Einfluss auf das Marktgeschehen. Alle diese Einflussfaktoren zu beherrschen und den vollständigen Bedarf einer Volkswirtschaft für Jahre zu planen und zu steuern, was, wann, wo produziert werden soll, hat bisher noch kein politisches System geschafft. Entsprechend operiert die EU-Kommission mit ihren Bestrebungen, den Markt zu kontrollieren, „auf dünnem Eis“. Das bestätigen die Erfahrungen mit früheren Freihandelsverträgen.


Ist das CETA-Abkommen mit Kanada von 2016, das noch nicht ratifiziert ist, aber vorläufig Anwendung findet, nützlich oder schädlich? Trägt es zum Wachstum oder Niedergang einzelner Sektoren bei? Da der Vertrag Klauseln zu Antibiotika enthält, wurde sehr wenig Fleisch importiert. Für die Schweine- und Geflügelzucht könnten Vorteile vorliegen. In anderen Sektoren sind die Erwartungen nicht bestätigt.


Aufgrund des Abkommens mit Neuseeland werden derzeit drei Viertel der Lämmer aus Neuseeland importiert, zu unschlagbaren Niedrigpreisen und als Frischware nur gekühlt, nicht eingefroren. Das führte zur Zerstörung der französischen Produktion. Nachdem die monopolistische Lieferkette etabliert ist, werden nun in Neuseeland, mit entsprechenden Preissteigerungen, Massnahmen zum Umweltschutz getroffen.


Früher gab es eine EU-weite Agrarpolitik. Neu wird der Agrarmarkt „renationalisiert“. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt. Nicht nur aussereuropäische Länder konkurrieren die nationale Produktion, sondern auch europäische Nachbarländer. Dies vor allem deshalb, weil nicht mehr überall die gleichen Normen gelten.


Die sozialen Verhältnisse in den einzelnen Ländern wirken sich auf die Arbeitskosten aus. Beispielsweise liegen die Arbeitskosten in Frankreich bei 11,69 Euro, in Deutschland sind es 8,60 EUR, in Spanien 8,24 Euro, in Italien 7,60 Euro, in Belgien 7,37 EUR, in Polen 2,91 Euro und in Marokko 0,74 Euro. Diese Ungleichgewichte haben eine direkte Auswirkung auf die Anbaufläche in Frankreich. Dort wurde sie in den letzten 17 Jahren um 30 % reduziert, während sie im gleichen Zeitraum in Deutschland und den Niederlanden um 30 % zunahm.


Ein Verein von Tomaten- und Gurkenbauern in Frankreich fordert bessere Kennzeichnungen von ausländischen Produkten. Die geltenden EU-Kennzeichnungen sind nutzlos. Wird ein Huhn aus der Ukraine oder Brasilien in Frankreich verarbeitet, gilt das Huhn als in Frankreich produziert. Man kann niederländische Nuggets kaufen, die ganz woanders produziert wurden.


Während die Pflicht zur Herkunftsbezeichnung für Rindfleisch bereits seit 2002 gilt, gilt sie nun auch bei Schweine-, Geflügel- und Lammfleisch. Die Verpackung dieses Fleisches muss das Zuchtland und das Schlachtland ausweisen.


2022 erweitert Frankreich die nationale Herkunftskennzeichnung für frisches und gefrorenes Fleisch, das in Restaurants und Kantinen zubereitet wird. Der Landwirtschaftsminister möchte mit dieser Massnahme die Landwirte schützen. „Die Qualität eines französischen Hähnchens ist nicht mit der eines ukrainischen oder brasilianischen vergleichbar. Geschmacklich und qualitativ haben die ausländischen Produkte das Nachsehen.“


Nach Angaben des Ministeriums ist die Hälfte des in Schulkantinen verzehrten Fleisches Importware. Bei Geflügel beträgt der Anteil sogar 60 %. Ausländische Produkte sind meist günstiger als Hühnchen und Koteletts aus Frankreich. Französische Verbraucherschützer bezweifeln allerdings, dass sich die Importmengen mit der Kennzeichnung stabilisieren oder gar senken lassen. Letztlich komme es darauf an, wie viel der Verbraucher bereit und in der Lage ist, für die Produkte zu bezahlen.


Die EU handelt widersprüchlich. Sie verlangt von den Produzenten erstklassige, den Umwelt-, Tier- und sozialen Ansprüchen gerecht werdende Produktionsmethoden, kümmert sich anschliessend aber in keiner Weise darum, dass IHRE Produkte eine Käuferschaft findet. Im Gegenteil, mit den Freihandelsabkommen rollte sie dem Handel und den Konsumenten den Teppich für billige Importprodukte aus und befriedigt damit all jene, die mit einem knappen Budget rechnen müssen, was mehrheitlich der Fall ist. Obwohl die Bevölkerung grundsätzlich hinter der einheimischen Landwirtschaft steht, kommen die hochwertigen Produkte dadurch nicht auf die notwendigen Absatzzahlen. Beispielsweise ist der Biomarkt wegen Inflation und Kaufkraftverlust seit 2022 um 4,5 % geschrumpft und der Absatzanteil der Hühnerproduktion, die dem EU-Qualitätsstandard entspricht, beträgt lediglich 15 %.


Hauptsächlich muss sich die EU der Frage stellen, ob es mit ihrer sozialen Verantwortung vereinbar sei, wenn sie den Entwicklungsländern mit Arbeit und Einkommen zu einem besseren Leben verhilft, aber alles den eigenen Landwirten aufbürdet, indem sie die Inlandsproduktion und damit Selbstversorgung herunterfährt und den Landwirten damit die Lebensgrundlagen entzieht.

 

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